"Mama!", ruft meine kleine, damals 5-jährige Tochter aus dem Schlafzimmer, "guck mal, ich hab dir was auf den Altar gelegt!"
Ich schmunzle. "Auf den Altar...", wiederhole ich gedanklich mit einem Lächeln im Gesicht. Obwohl ich diesen Ausdruck selbst so noch nie verwendet habe, weiß ich, dass sie damit die Gedenkecke von Romy und Lenny meint. Ihren Geschwisterchen, unseren Zwillingen, die nur wenige Stunden auf der Erde waren und nun als Sternenkinder im Himmel leben.
"Guck, Mami!"
Jona deutet auf ein leuchtend, buntes Bild, das sie auf die Kommode neben den Taufkerzen von Romy und Lenny gelegt hat.
Ich staune.
"Wow! Das ist ja schön, Schatzi!"
Jona lacht stolz.
"Ja, Mami, und guck, das Rote, das ist unser Haus, und die sechs Herzen, die stehen für unsere Familie, die hier im roten Haus wohnt. Also ich, und du und der Papa und die Melina und die Romy und der Lenny."
Mein Herz geht auf.
"Das ist wunderschön, Jona!" seufze ich und drücke meine Maus liebevoll an mich. Jona hält kurz inne und genießt die Umarmung, bis sie sich wieder losreißt und wieder aufs Blatt deutet.
"Und, guck, Mami, die vielen Sterne da, das sind die ganzen Sternenkinder, die auch bei uns sind."
Ich werde aufmerksam und habe sofort ein schlechtes Gewissen, dass meine Arbeit als Trauerbegleiterin vielleicht zu viel Platz in unserem Leben einnehmen könnte, wenn da so viele Sternchen bei uns im Haus sind. Ich streichle Jona über den Kopf und frage sie, ob wir den vielen Sternenkindern vielleicht einen schönen Platz im Himmel einnehmen lassen wollen, damit da nicht ganz so viele hier bei uns in unserem Haus sind.
Jona sieht mich mit großen Augen an, scheinbar ganz verwundert über meine kühne Idee.
"Nein, Mami! Die dürfen bei uns sein, solange sie wollen! Das wäre doch auch traurig, wenn wir die jetzt einfach wegschicken! Wir haben doch genug Platz!"
❤❤ Mein Mädchen. Meine Familie . Ihr seid das Größte für mich! ❤❤
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